Vorwort

Vier Monate nach Beginn der Epidemie können wir feststellen: Deutschland hat es nicht so hart getroffen. Frühe und umfangreiche Tests haben wahrscheinlich Schlimmeres verhindert, außerdem waren anfangs hierzulande eher junge Menschen betroffen. Aber das muss nicht so bleiben. Welche Folgen wird die Lockerung der Quarantäne bringen, was ist durch steigende Temperaturen zu erwarten? Wird die Welle weiter abflachen?

Es steht auch fest: Auf eine Herden-Immunität können wir nicht bauen. Dazu ist SARS-CoV-2 viel zu gefährlich. Bei schwer erkrankten COVID-19-Patienten lernen wir überdies täglich dazu. Dies ist keine normale Pneumonie, auch andere Organe sind betroffen. Was ist mit möglichen bleibenden Folgeschäden? In der Therapie wird es Rückschläge geben, es ist denkbar, dass nichts von dem wirkt, was aktuell so hoffnungsvoll besprochen wird. Wie verlässlich sind die Antikörper-Tests? Auf jede Antwort folgen zehn neue Fragen. Dies ist – immer noch – nur der Anfang. Wir bleiben dran.

Bernd Sebastian Kamps & Christian Hoffmann

27. April 2020

 

Vorwort zur ersten Ausgabe

Vor siebzehn Jahren, mitten im SARS-Drama, beschlossen wir, auch um einen Überblick zu behalten, die verfügbaren wissenschaftlichen Daten zu sortieren, zu ordnen und in Echtzeit – frei verfügbar – dem Netz als wachsendes Buch zur Verfügung zu stellen. Ein gewisser Christian Drosten steuerte das Virologie-Kapitel bei, sequenzierte nebenbei den Erreger und stellte das Ergebnis frei ins Netz. Nach der Veröffentlichung von drei Ausgaben in sechs Monaten (www.SARSReference.com) befand eine Fachzeitschrift, dass unser Buch zwar nicht „fancy“ wäre, aber, so doch immerhin, „reichlich Informationen“ enthielte. Wir freuten uns. SARS geriet bald in Vergessenheit.

Als wir nun Mitte Januar 2020 auf die neue Coronavirus-Epidemie aufmerksam wurden, hatten wir schnell das Gefühl, dass es an der Zeit war, unser Projekt wieder aufleben zu lassen.

Ein klarer Kopf ist in diesen hyperaktiven Zeiten noch wichtiger als damals. Täglich werden Dutzende wissenschaftlicher Artikel unterschiedlichster Qualität veröffentlicht, Hunderte von Studien sind unterwegs. Hastig zusammengeschusterte Fallberichte ohne jede Aussagekraft stehen scheinbar gleichberechtigt neben Rocket Science. Soziale Medien befeuern die Mischung aus harten Daten und Gerüchten mit Fake News, simple Gemüter twittern derweil protzig von medizinischen Durchbrüchen. Aber was ist wirklich gesichert? Einer muss sie tun, diese Kärrner-Arbeit: die Literatur zu sichten und einzuordnen, und zwar regelmäßig und ständig.

In den kommenden Monaten wird Covid Reference die wissenschaftlichen Daten zur Pandemie so aktuell, kohärent und neutral wie möglich präsentieren. Denken Sie an das Science Magazine. Diese Zeit ist nicht „fancy“.

 

Bernd Sebastian Kamps & Christian Hoffmann

29. März 2020